Freitag, April 25, 2008

Frühling, Krieger, Mädchen

- ist das das neue buch nach "dirac" von dath?
- neu? das ist schon letztes jahr erschienen

an einem brillianten februar morgen, der mir frühlingshafter erscheint als der frühlig jetzt,
- gefühlte jahreszeit: spätsommer
- winterende, dem wetter nach
lief ich die große strasse zum schottentor hinunter, irgendein treffen im aida, später wollte ich zu einer diplomausstellung, und zu dieser ein diplomgeschenk mitnehmen.
es gibt einige gefährliche buchhandlungen,
- die bernhard-epigonen schrieben jetzt: es gibt einige gefährliche buchhandlungen, selbst in wien
- so'n quatsch
eine davon liegt an jener großen strasse, und ich betrat sie in der absicht, dort salingers franny & zoey zu kaufen
- die begründung dafür liefer nach
das buch war allerdings nicht mit dem klassischen 50er-jahre-einbandtitel zu bekommen
- die beschreibung liefer nach
ich stöberte in den regalen, sehe also dieses strahlend weisse buch, mit dem lippenstift vorne drauf, der einen handfeuerwafenschatten wirft, "waffenwetter" heißt das buch, dietmar dath der autor

- ist das das neue buch nach "dirac" von dath?
- neu? das ist schon letztes jahr erschienen
- ich fand "dirac" ganz toll. und das jetzt?
- ich habe es nicht gelesen.

verärgert über das überregionale fäulitong, das einen roman wie "dirac" in allen blättern gleichzeitig bespricht, so daß ich's mitbekomme, kaufe, lese, liebe - um dann den nächsten roman zu verschweigen
- mit jürgen becker ist es ähnlich. jedes dritte buch wird besprochen. also muß ich ständig nachschauen, ob was erschienen ist. "der fehlende rest": überall besprochen, beschrieben. "aus der geschichte der trennungen", dafür bekommt er den johnson-preis,
- zurecht
- zurecht?
aber besprochen wirds nicht.
- man sollte eine seite einichten, wo man neuerscheinungen bestimmter autoren als rss feeds abonnieren kann
- man oder amazon
- gibt's bestimmt schon
die themen des feulliton funktionieren wie die theaterspielpläne: wie eine grippale infektion in einem begrenzten biotop

- ist das das neue buch nach "dirac" von dath?
- neu? das ist schon letztes jahr erschienen
- ich fand "dirac" ganz toll. und das jetzt?
- ich habe es nicht gelesen.
- dann überleg ich nochmal

hardcover, teuer, d.h. teurer als kino oder der abend im cafe. schnell blättere ich ins buch hinein, bin abgeschreckt: alles klein geschrieben
- kleinschreibung ist manieristisch
- außer in informellen zusammenhängen?
- unnötige gleichmacherei, pseudo-advantgardismus, verweis auf das scheinbar technische der herstellung: schreibmaschine, tastatur. und auch als wäre da kein lektor und kein setzer zwischengeschaltet
- abzulehnen jedenfalls.
kaufe es dann doch
- weil draußen die sonne so brilliant scheint
- aus übermut
- aus guter laune
- den bald kommenden kontostand antizipierend
- oder mehr so aus grundsatz

als diplomgeschenk habe ich dann noch oben im regal "wie zusammen leben" von roland barthes entdeckt, und eingepackt
bei der diplomausstellung bin ich an dem tag nicht mehr angekommen
brillianter tag

dietmar dath kann kleinschreiben. das ist nicht das selbe, wie: kann schreiben wie er will. es ist das erste buch in kleinschreibung,
- von den wenigen, die ich gelesen habe, und den vielen, in denen ich gelesen habe
das gut klein geschrieben ist. außer büchern, die aus dokumentarischen gründen kleingeschrieben sind
- brecht: arbeitsjournal
es ist ein buch aus perspektive eines 18 jährigen mädchens. der reflexhafte einwand dagegen, daß ein x-jähriger autor die position eines 18jährigen mädchens einnimmt, wird im buch selber verwurstet
- überhaupt sind es auch die fiktionsinternen wendungen, die daths romane
- dazu später
- hier auf johnson verweisen
ein paar einwände hätte ich doch. aber vor allem eine frage: wie und wann ist das junge mädchen zu einer grundfigur der zeitgenössischen deutschen literatur geworden?
- zeh: spieltriebe usw.
- oder ist es so, daß das junge mädchen als ästhetische figur wie der krieger
- und das trifft die frage des personals wie die des genres: die figur : was ist das?

wie "die salzweissen augen" am schluß gedankliche anschlußfehler produzieren anhand der falschen beobachtung des briefeschreibers, er habe in allen frauen, die auf seine jugendliebe sonja folgten, nur diese gesucht - bis hin zum äußerliche replikat (die sache dürfte eher umgekehrt liegen)
bei "waffenwetter": die erzählung (auch das hat das buch: eine erzählung, eine story) nimmt dann eine wendung, die sich nur als erzählerische wendung verstehen läßt.
- du meinst?
- ich meine
eine bestimmte wendung der erzählung, die nur auf wendungen von anderen erzählungen verweist.
- das wäre ja noch nichts schlechtes
- klingt avantgardistischer, als es ist
- ich meine:
"er habe in allen frauen, die auf seine jugendliebe sonja folgten, nur diese gesucht" ist entweder bloße meinung zum mitsingen, oder ein literarischer topos, eine form, um etwas zu erzählen, wie genre-konventionen. und genres sind formen, die spielerisch aufgenommen werden, um vor dem genre als hintergrund "etwas anderes zu erzählen". hausnummer "I'm a cyborg"/chan-wook park, "miller's crossing"/coen-brothers, "the mission"/johnnie to, oder auch ein x-beliebiges e.t.a. hoffmann märchen.
"waffenwetter": die wendung, die die erzählung nimmt, erzählt nichts anderes als : daß es sich um eine literarische erzählung handelt.
- ach deswegen: "deutlich knapp"?
- gilt für "waffenwetter" und "die salzweissen augen". dirac ist ein vollkommenes buch
- schreib mal davon
- mach ich

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dietmar dath, waffenwetter, suhrkamp 2007
dietmar dath, die salzweissen augen. briefe über drastik und deutlichtkeit, suhrkamp 2005